Serpentine _ A Touch Of Heaven (And Hell)
Temporäre Kunstinterventionen mit/Temporary art interventions with: Iris Andraschek & Hubert Lobnig, Thomas Hörl & Peter Kozek, Ralo Mayer, Anna Meyer und Hannes Zebedin
Kurator/Curator: Michael Zinganel
EIN RIESIGES VERGNÜGEN, der Titel des Gesamtprojekts von Iris Andraschek und Hubert Lobnig spielt auf eine vergangene Zeit an, in der den Menschen das Bauen und Befahren von Straßen und die Bezwingung und Unterwerfung der Natur einen grenzenlosen Zuwachs an Vergnügen bescherte. Hier wird nach wie vor suggeriert, dass die Menschen in ihren Autos an unberührter Natur vorbeigeführt werden und die Aussicht auf Berge, Pflanzen und Tiere bewundern können, die positiv gewendete Geschichte der Straße rezipieren oder die Vorzüge der alpinen Küche kennenlernen, ohne ihre eigene Rolle und deren Konsequenzen mitbedenken zu müssen.
In ihrer Arbeit platzieren die Künstler*innen mehrere Fahrzeuge an speziellen Orten entlang der Straße, die unterschiedliche Aspekte des aktuellen Zustandes der Welt berühren. Durch eine leichte Verschiebung von Realitäten werden über die Arbeiten Einblicke in andere Welten eröffnet: auf Globalisierung, Mobilität und Migration, den Umgang mit der Natur, das Schmelzen der Gletscher…
POST NATURE: Ein Kombi, das klassische Familien- und Transportfahrzeug wird in eine experimentelle Aussichtsstelle der Naturforschungs-Station verwandelt – sein Innenraum in ein Diorama aus Felsen mit präparierten Murmeltieren und das Dach in eine Galerie für Alpenpflanzen.
NOMAD: Über und über mit Knüpf- und Webteppichen behängt verweist NOMAD auf die mühsamen Alpenüberquerungen entlang historischer Güterwege, auf den Transport von Kulturgütern, ebenso aber auch auf liebevoll beladene Familienautos, die das Hab und Gut aus Ländern des globalen Südens nach Norden tragen.
Die Großglockner-Hochalpenstraße und die durch ihre mäandernde Streckenführung inszenierte Landschaft bieten den mobilisierten Besucher*innen geradezu überwältigende ästhetische Sensationen. Gegenüber den enormen Weiten, Höhen und Tiefen des be- und er-fahrenen Raumes, der Glücksgefühle und Todesangst gleichermaßen evoziert, können Kunstwerke, wenn sie nicht völlig unangemessene monumentale Dimensionen annehmen, kaum eine erhöhte Aufmerksamkeit für sich gewinnen. Künstler*innen können durch ihre Interventionen bestenfalls den Blick auf ausgewählte Themen, die in der spezifischen politischen, Technik-, Natur-, und Kultur-Geschichte dieser touristischen Erlebnis-Landschaft und ihrer Transformationen bereits angelegt sind, schärfen oder diese neu befragen.
In ihren Recherche-basierten und ortsspezifischen Arbeiten stellen sich die eingeladenen Künstler*innen nicht gegen diese grandiose alpine Erlebnislandschaft, sondern integrieren sich in existierende religiöse, politische, verkehrstechnische, landwirtschaftliche und touristische Darstellungstechniken und Rituale.
Sie schärfen den Blick für Themen, die in der Geschichte des Straßenprojekts bereits angelegt sind: die Obsession zur Beherrschung der Natur, der Weg als Ziel, die Straße als Sportgerät, Teststrecke und Wallfahrtsroute, die Glücksgefühle und Todesängste, die sich hier gleichermaßen einstellen, die Fahrzeuge als essentielle Weggefährt*innen, die Vertreter*innen der menschliche Spezies in großer Anzahl und Dichte hoch hinauf und tief hinunter durch die Landschaft tragen, durch Lebensräume von Wild- und Nutztieren, entlang steigender Schneegrenzen und schmelzender Gletscher – deren Erhabenheit wie die Verletzlichkeit immer vor Augen.
A GREAT PLEASURE, the title of the overall project of Iris Andraschek und Hubert Lobnig, refers to a bygone era in which people building and driving on roads and conquering and subjugating nature gave them a boundless increase in pleasure. Here it is still suggested that people are led past untouched nature in their cars and can admire the view of mountains, plants and animals, receive the positively turned history of the road or get to know the advantages of alpine cuisine without having to consider their own role and its consequences.
In their work, the artists place several used vehicles at special locations along the road, touching on different aspects of the current state of the world. By slightly shifting realities, the works open up insights into other realms: globalization, mobility and migration, dealing with nature, the melting of the glacier…
POST NATURE: A station wagon, a classic family and transport vehicle, is transformed into an experimental exhibit close to the natural research station – its interior becomes a diorama of rocks with prepared marmots and the roof is transformed into a gallery for Alpine plants.
NOMAD: Covered all over with knotted and woven carpets, NOMAD refers to the arduous crossing of the Alps along historical goods routes and mule tracks, to the exchange of cultural assets, but also to lovingly loaded family cars that carry their belongings from countries of the global south to the north.
The Grossglockner High Alpine Road and the landscape staged by its meandering route offer overwhelming aesthetic sensations to the mobilised visitors. In contrast to the enormous widths, heights and depths of the space they travel through and experience, which evokes feelings of joy and fear of death in equal measure, works of art, unless they assume completely inappropriate monumental dimensions, can hardly attract more attention. Through their interventions, artists can at best sharpen the view on selected issues that are already embedded in the specific political, technical, natural and cultural history of this tourist experience landscape and its transformations, or question them anew.
In their research-based and site-specific works, the artists do not challenge this grandiose alpine landscape, but instead integrate themselves into existing religious, political, traffic, agricultural and tourist representational techniques and rituals.
They sharpen the eye for subjects that are already part of the history of the road project: the obsession for mastering nature, the road as the destination, the road as a sports ground, test track, and place of pilgrimage, the feelings of joy and the fear of death that arise here in equal measure. Here, vehicles are essential companions that carry large numbers and densities of the human species through the landscape – up to the heights and down again, through the habitats of wild game and farm animals, paralleling receding snow lines and melting glaciers – their sublimity and vulnerability always right there, in front of our eyes.